Weihnachten sind wir wieder zu Hause

Es war einer der kolossalen Irrtümer zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Die Kriegsparteien gingen mehr oder weniger alle davon aus, dass es sich um eine kurze militärische Schlacht handeln würde. Eine schnelle Entscheidung, die es ermöglichen würde, dass die Söhne, die nun als Soldaten in den Krieg zogen, an Weihnachten wohlbehalten bei ihrer Familie unter dem Christbaum sitzen konnten. Welch eine fatale Fehleinschätzung.

Endlich Krieg!

Lange hieß es, dass Jubel auf den Straßen ausbrach, als bekannt wurde, dass das Deutsche Reich in den Krieg ziehen würde. Diese Darstellung wurde mittlerweile revidiert. Zwar ist es zweifelsohne korrekt, dass einige Teile der Bevölkerung auf die Nachricht des unmittelbar bevorstehenden Kriegs mit unverhohlener Freude reagierten. Aber es gab auch viele Menschen, die diese Entwicklung mit großer Sorge betrachteten. Schließlich gab es im Krieg immer Tote und Verletzte, und die besten Waffen konnten nicht verhindern, dass es hinterher auf beiden Seiten Gefallene zu beklagen gab.

Das Weihnachtswunder

Anstatt über die Feiertage wieder nach Hause zu fahren, verbrachten die meisten Soldaten Weihnachten frierend und hungrig im Schützengraben. Gleichzeitig waren die Soldaten keine Kampfmaschinen, sondern Menschen, und so ereigneten sich zwischen den Männern, die wenige Stunden zuvor noch aufeinander geschossen hatten, magische Momente. Szenen, die in zahlreichen Filmen verarbeitet wurden und bei denen man heute noch eine Gänsehaut bekommt. Die Soldaten beschlossen eine Waffenruhe für den Weihnachtstag. Und nicht nur das. Sie feierten diesen besonderen Tag gemeinsam. Sie tranken, aßen und erzählten sich Geschichten von Zuhause. Und die Soldaten erkannten, dass ihre Feinde genauso Menschen mit Ängsten und Nöten waren, wie sie selbst. Ein wahrhaft magischer Moment.

Der Mensch hinter der Uniform

Doch nach den Feiertagen wurde aus dem Menschen wieder der Feind, der vernichtet oder zumindest besiegt werden musste. Den Schießbefehl zu verweigern kam nicht in Frage, da sonst die Verurteilung vor dem Kriegsgericht drohte. Aber Untersuchungen zeigten, dass die Zielgenauigkeit deutlich zu wünschen übrig ließ, obwohl Fähigkeiten und Ausrüstung eine deutlich bessere Trefferquote ermöglicht hätten. Dafür kann man unterschiedliche Gründe heranziehen. Dass der Mensch sich scheut, ein anderes Leben auszulöschen. Oder dass die schlechte Ernährung und die katastrophale hygienische Versorgung ihren Zoll forderten. Man könnte aber auch einfach folgern, dass das Fremde nur dann bedrohlich ist, wenn wir es nicht kennen. Wenn wir aber erfahren, dass der „Erbfeind“ genauso unter Liebeskummer leidet, wie wir, wird er plötzlich zum Menschen, in den wir uns hineinversetzen können.